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Gegen Ende Dezember 1893 fasste ich den Entschluss, mit dem Kuvertmachen aufzuhören, da meine Augen schon recht kritisch wurden.
Ich hatte seit Advent 1891 bis Oktober 1893 !!! 43'921 !!! Kuverts gemacht. Die Langeweile trieb mich aber immer wieder zu dieser Arbeit, da sich auch manche Parteien wegen der guten Gummierung auf meine Erzeugnisse kaprizierten.
Wegen meiner kranken Augen, besonders des rechten, riet mir der Uhrmacher Vischner, den berühmten Augenartz Dr. Othmar Purtscher in Klagenfurt aufzusuchen. Ich fuhr also am 7. Mai 1894 per Bahn für 1 Gulden 28 Kreuzer über Judenburg dort hin. Dieser freundliche Herr erkannte sogleich an meinem rechten Auge den grauen Star und hätte die Operation sogleich vorgenommen, wenn ich mich dazu hätte entschließen können. Ich ersuchte ihn um ein Mittel zur möglichen Erhaltung des linken, bereits sehr geschwächten Auges, wonach er mir ein Rezept für Tropfen verschrieb und für eine Salbe zur Einreibung oberhalb dem linken Auge und an den Schläfen. Für die Besprechung verlangte er 2 Gulden. Abends um 10 Uhr war ich wieder zurück daheim.
Zu Pfingsten 1894 war ich in Leoben, wo mir die Lust ankam, die neue Bahn nach Aflenz zu sehen. Ich nahm eine Karte von Leoben nach Kapfenberg und zurück für 80 Kreuzer. Von dort fuhr ich mit der neuen Bahn bis zur Station Aflenz nächst Pabersdorf für 33 Kreuzer. Dann per Post für 30 Kreuzer hinauf nach Aflenz, wo ich um 11 Uhr mittags ankam und überall (209) freundlich begrüßt wurde. Eine Nacht schlief ich bei Herrn Grabner, unserem gewesenen gemütlichen Nachbarn. Beim über 25 Jahre dort gewesenen Bürgermeister, Herrn Willibald Schmid, hatte ich andern Tags herrlich zu Mittag gespeist und dann gut geschlafen. Ich machte dann mehrere Besuche. Herr Dr. Winkler trieb mich an, die neue Bahn auch bis Seebach Au zu befahren. Ich ging nun bergab, besuchte den Wirt Firstner, vulgo Wedl, in Palbersdorf, ging von dort zur nächsten Haltestelle Wappenstein Kammerer und fuhr mit dem ankommenden Zug zur Endstation der Bahn Seebach Au für 28 Kreuzer. Nach einer halben Stunde war die Rückfahrt nach Kapfenberg.
In Leoben erfuhr ich, dass Herr Maister in Pettau vom Schlag getroffen einige Tage danach starb. In den Schulferien im Juli war Ella Hajek mit ihren zwei Kindern in Leoben bei Wawrinek und dannn einige Tage bei uns in Knittelfeld. Ihr Gemahl holte sie in Leoben ab und war eine Nacht hier. Er beeilte sich wieder nach Wien, und Ella reiste mit den Kindern am 16. September über Selztal und Amstetten nach Wien. Ich begleitete sie bis St. Michael, gab ihr 3 Gulden Reisekostenbeitrag und fuhr zur Abwechslung nach Graz. Dort besuchte ich Herrn Kaufmann Hansel Kohlfürst und Herrn Major Plank und noch andere. Über Maria Grün und Stoffbauer gings dann zur Rose. Dort wollte ich die Wirtsleute Tropetz besuchen, die uns als unsere Nebenpartei in der Sterngasse sehr zugetan waren. Jedoch fand ich sie dort nicht mehr. Zwei Nächte schlief ich wieder im vormals Redler'schen Hause. Im Oktober 1894 kam meine Tochter von Wien hierher auf Besuch. Am 18. Oktober 1894 fuhr sie nach Graz, von dort nach Pola und dann zu ihrem Sohn Viktor Wilkowitz in Mähren. ......
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Hier enden die »Aufschreibungen« von Johann Neuhold und vermutlich auch sein reich gespicktes Leben.
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Mittwoch, 10. November 2010
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