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Von Pola bis Istrien machten die Marine-Mannschaften nach verschiedenen Gegenden per Dampfschiff öfter Exkursionen. Als einst (148) der Marine-Kommandant mit dem Schiff Pustozza nach Smyrna (Izmir) fuhr und die ganze Musikbande mitnahm, gab er dort auf dem Schiff ein grosses Konzert, wozu der Herr General-Konsul von Herzberg samt Familie und allen Nobeln geladen waren. Bei dieser Gelegenheit verliebte sich der Marine-Waffenmeister, Anton Messler, ein hübscher, angenehmer Mann aus Deutsch-Böhmen, in der Gegend der Stadt Brüx an der sächsischen Grenze in unsere Enkelin Anna, und fand Gegenliebe und die Heirat wurde mit Zustimmung der Herrschaft beschlossen.
Wir selbst wollten am 31. Jänner 1880 unsere goldene Hochzeit feiern. Anna bat uns aber brieflich, diesen Akt zu verschieben, da sie gleichzeitig mit uns in Graz ihre Vermählung halten wollte, die Schriften aber noch nicht in Ordnung wären.
Marie wurde von der Gräfin Gleisbach als Kindsfrau empfohlen. Diese Gräfin kam dann in ihrer Equipage zu uns und wollte Marie bei sich haben. Da diese aber sah, dass die arme Mutter der besten Pfege bedurfte und die eigene Tochter sich zur Wartung mehr eignete als die fremde, so konnte sie den neuen Dienstauftrag nicht annehmen und musste die monatlichen 18 Gulden verschmerzen.
Bei meiner wohl sehr bedauernswerten Frau erwachte unglücklicherweise wieder der Dämon der Eifersucht. Sie wollte in ihrem Wahn bemerkt haben, dass Marie mir besonders gewogen sei. Ich hatte nämlich in den Kanzleien, wo ich war, die nötigen Briefcouverts selbst verfertigt und machte seit 1876 viele solche, um noch einen Nebenverdienst zu erzielen. Um nun noch recht viele Couverts zu erzeugen, war ich täglich um 4 Uhr früh schon bei der Arbeit, wobei die Tochter mit Gummieren fleissig geholfen hat, bis es Zeit war, Frühstück zu machen. Nachdem meine Frau abends zeitlich zu Bett ging und ich immer noch bis 9 Uhr arbeitete, so blieb sie bei dem unausrottbaren Gedanken, zwischen mir und der leiblichen, eigenen Tochter bestehe ein heimliches, unerlaubtes Töchtelmächtel.
War ich in der Holzlage mit Holzspalten beschäftigt und die Tochter kam mit einem Korb nach, um das zerkleinerte Brennholz in die Küche zu tragen, da wurde die arme unglückliche, mit dem grundlosen Wahn behaftete Frau vom Gedanken gequält, dass die Tochter mir aus besonderer, unlauterer Absicht nachgehe.
Da ich nie eine übersprudelnde Redekraft besass, so war es mir auch diesmal nicht möglich, die arme, von so viel Leiden heimgesuchte, liebe Gattin von ihrem Hirngespinste zu befreien. So stellte ich ihr vor, dass ich in meinem Leben keinen Hang zur Schlechtigkeit hatte, sondern immer ehrlich und rechtschaffen mich betragen habe, und dass eine Niederträchtigkeit zwischen mir und der Tochter eine Unmöglichkeit sei, (149) dass ich in meiner ganzen Lebenszeit keinen Groschen für eine andere Frau ausgegeben, ausgenommen die Theaterausgabe. Aber alles blieb umsonst, ich behandelte die arme Frau noch immer mit einer unvergänglichen Liebe und Zärtlichkeit wie in den Flitterwochen.
Selbst die Wohnungsnachbarin, die sich fast den ganzen Tag bei uns aufhielt, sagte sehr oft, dass ich wohl ein guter Mann sei. Diese Marquersleute zogen später fort. Dann kam ein gewesener Offizier namens Hofer, beschäftigt in der Kanzlei des Herrn Dr. Gmeiner. Die Frau Hofer kam anfangs selten, aber dann doch mehrmals zu uns herüber.
Wenn die Tochter zum Einkaufen in die Stadt ging, blieb ich bei der lieben Gattin, bis die Tochter zurückkam, denn man durfte die arme Frau nicht alleine lassen. Als aber einst die Tochter länger in der Stadt blieb und die Kanzleistunde, 8 Uhr, schon geschlagen hatte, küsste ich meine sonst mit dem grossen Frauenherzen begabte Frau und sagte treuherzig zu ihr: «Behüt Dich Gott» und ging, in der Zuversicht, dass die Tochter bald da sein werde. Nach kaum einer halben Stunde kam die Tochter zu mir in die Kanzlei mit dem Jammer, dass sie bei ihrer Nachhausekunft die arme Frau und Mutter nicht angetroffen habe.
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Freitag, 2. April 2010
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