So jung ich noch war, so erkannte ich schon, dass das Stubenmädchen bei Dr. Funk, Johanna Seidnitzer, Schmiedemeisterstochter von der Schmiedgasse, eine der ersten, vorzüglichsten Schönheiten war: jung, mittelgross und von junoischer Körperfülle, aus ihrem seelenvollen Auge sah der lieblichste Himmel und ihr niedliches, freundliches Benehmen bezauberte alle Herzen, sogar der damalige Kaspelwegführer ward davon halb verhext. Sie las auch gerne Romane, und da sie meine Wissbegierde bemerkte und ich eben auf die vom Einkauf rückkehrende Köchin Therese wartete, gab sie mir einstweilen die Geschichte vom patriotischen Gelübte zu lesen. Nachdem Johanna einen Hang zur Abwechslung hatte nahm sie Dienst in Wien an.
An deren Stelle kam aus der Marburger Gegend eine andere namens Luise, die auch sehr hübsches Äusseres nachwies.
Am Hauptplatze vor dem Weiss'schen Hause hatte ein junger, netter Mann einen Verschleissstand mit Kerzen und Seifen. Dieser Herr Karl Koller hatte kaum die am Fenster der Funk'schen Wohnung mit emsiger Näherei beschäftigte Luise gesehen, als er in sie unsterblich verliebt wurde. Er war nebenbei ein vortrefflicher Kopf und hatte – um seine Geschicklichkeit vor Luisen zu zeigen – in einem Winter neben seinem Kerzenstande aus einer Masse zusammengehäuften Schnees eine (21) kollossale Reiterstatue formiert, die allseitig Bewunderung erregte, und ich sah dieser Bildnerei gern zu. Selbst die Magistrate, Herren und Offiziere hatten Gefallen daran, sodass, solange die Kälte anhielt,von der Hauptwache aus ein Mann zum Schutze der Natur dafür postiert wurde.
Koller hatte dann die Luise geheiratet, mietete in der Sporgasse ein Gewölbe und befasste sich später auch für meine Eltern mit dem Kapauner Verschleiss in Wien. Wie es aber kam, dass er dabei in Schulden geriet, und meine Eltern bei ihm vieles verloren hatten, weiss ich nicht.
Nach seinem Tode kam Luise in die grösste Not, bereute es bitter, den guten Dienst verlassen und geheiratet zu haben, besserte nun in verschiedenen Häusern Wäsche und Kleider aus, um sich und ihr Kind halbwegs durchzubringen, und erhielt noch von uns und der Tante Theres manche Unterstützung.
Weil meine Eltern ohne Wienerhandel nicht mehr sein konnten, so traten sie mit Josef Birnstingel, gemeinhin Wixerl genannt, Bruder der Wirtin Kaiser, beim Häuslbauer, nachher beim Schwarzen Rössl in der Rösslmühlgasse und Hiebler beim Florianiwirt, in Verbindung.
Dieser Wixerl handelte auch mit Schweinehäuten und sonstigen Rohstoffen für einen Lederer nächst dem Mühlgange in der Lazaretgasse. Wixerl war aber ein leichtsinniger, unredlicher, liderlicher, versoffener Bursche und wies meine Elern mit deren Forderung von 400 Gulden gegen ihn an den Lederer, welcher jede Woche einen Gulden erlegte, welchen immer ich bei ihm beim Häuslbauer abholen musste. Nun kann man sich denken, wie lange diese stets mit mürrischen Bemerkungen begleiteten Abschlagszahlungen dauerten und welche Pein dies für mich, dem es an Mut und Redegabe fehlte, sein musste.
Einst kam eine Frau Elise Fels vom Schanzlgrunde in St. Leonhard in Graz gebürtig, gewesene Schulkameradin meiner Mutter und nun Putzmacherin, in Wien etabliert, nach Graz zu meinen Eltern, schloss mit ihnen eine Geschäft zur Lieferung von Kapaunen für Josef Rücker in Wien, und machte den Antrag, dass bei ihr jedes von uns, das nach Wien kommen sollte, Unterkunft und Verpflegung haben könne.
Dienstag, 29. Dezember 2009
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