Montag, 3. Mai 2010

67. Lebensgefahren und der Fleischerhund

      .
     Die grosse Kälte in der ersten Hälfte März 1886 erinnert mich an den Winter 1821, wo die in der Stadt am rechen Murufer wohnhaft gewesenen Schüler der Normal-Schule gewöhnlich über die mehrere Wochen fest zugefrorene Mur nach Hause gehen konnten.

     Nachdem ich hier in Aflenz mehrere Kartandeln verfertigt habe, bleibt mir noch so viel Zeit, die ich hier müssig sein kann, diese meine Erlebnisse bis 18. März 1886 aufzuschreiben.

     Als ich in Graz beim Rucker Geselle war, entstand in der Zuckerfabrik ein grosser Brand. Der Meister Rucker trieb alle seine Gesellen dahin zur Hilfeleistung, weil die Fabrik seine Kundschaft war. Kaum hatten wir eine erst dorthin gelieferte, grosse, neue, 70 Eimer fassende Wanne gerettet, als ein brennender Boden herabstürzte und mich beinahe erschlagen hätte.

     Im Dezember 1829 brach in der Geschirrfabrik in der Karlau Feuer aus. Ich war der Nächste, dort wo der Brand am heftigsten wütete und stand oberhalb der Zeugkammer. Die Wassereimer gingen von Hand zu Hand bis zu mir. Auf einmal brach der Boden unter mir und ich fiel senkrecht in die in der Zeugkammer gestandenen mit weisser Erde und Wasser gefüllten Bottiche und stand bis an die Brust durchnässt. Ich hörte deutlich, wie oben am Boden alle davonliefen und hatte grosse Mühe, aus dem Bottich herauszukommen, während das Feuer oben schon übergriff. Kaum hatte ich mit einem in der Kammer gefundenen Krampen die Türe aufgesprengt und mich hinausgeflüchtet, als der ganze brennende Boden herabstürzte. Zum Glück hatte ich nicht weit zum Elternhaus, wo mir der Vater mit trockenem Hemd und Kleidern aushalf.

Als ich 1830 für bestellte Arbeiten Eichenholz benötigte, sandte ich meine liebe Frau nach Radkersburg, um mit dem dortigen Bindermeister Lang wegen Holzlieferung zu verhandeln. Ihre Schwester Marie ging mit. Beim letzten Haus in Kalsdorf, zweieinhalb Stunden von Graz, lag beim Tor ein Fleischerhund. Dieser kam langsam über die Strasse und ging den beiden gemütlich nach. Abends kamen sie zum Schlosse Freudenau, wo sie die Nacht verblieben und versorgten vorher den vor dem Tore Wache haltenden Hund mit Fressereien. Als sie andern Tages mit herrschaftlichem Wagen nach Radkersburg fuhren, lief der Hund hinten nach.

     Dort in Radkersburg zeigte meine liebe Frau, was eine geistreiche Rede vollbringen kann, nämlich: Die Köchin, die vor meiner Frau im Schlosse Freudenau bedienstet war, begegnete ihr zufällig und beklagte sich, dass sie von ihrem Liebhaber mit seinen Eheversprechen schon 9 ganze Jahre genarrt werde. (167)  Zufällig war der nämliche Bindermeister Lang dieser Liebhaber. Nach abgeschlossenem Holzhandel redete meine liebe Frau ihm so sehr ins Gewissen, dass er in Gegenwart der Köchin beteuerte, sein Versprechen ehestens zu erfüllen. Nach 4 Wochen kam von der Köchin ein Brief mit vielen Danksagungen; sie sei jetzt die glückliche Frau Bindermeister.

     Als meine liebe Gattin mit ihrer Schwester nach Radkersburg zurückkam, zottelte der Hund gemütlich wieder hinter ihnen her und legte sich in Kalsdorf beim nämlichen Hausherrn, von welchem aus er diese Reise mitmachte, wieder nieder. Da kann man wohl deutlich erkennen, dass die gütige Vorsehung diesen Fleischerhund als Beschützer mitgehen liess, da um dieselbe Zeit der erwähnte Bartl Hansel die Gegend zwischen Strass und Mureck so unsicher machte.
.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen