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Wegen Verkauf unseres Hauses in Mureck hatten wir immer Pech. Nach und nach kamen Käufer zum Weber Semmler, der die Verkaufskommission über sich hatte. Das Gebäude gefiele jedem und die Besichtigung der dazugehörigen Grundstücke wurde auf Nachmittag bestimmt. Als aber die Kaufsliebhaber über Mittag im Gasthause ihre Anliegen erzählten, gab es wieder solche schadenfrohen Bürger, die gegen mich aus dem Grunde unfreundlich gesinnt waren, dass ich bei ihrem Pozesse gegen meinen Chef-Syndikus Leschanz auf dessen Seite war. Daraufhin wurden die Käufer abgeredet.
Anfang 1848 hatte der ehemals in unserem Hause wohnhaft gewesene Schneidermeister und nun als Revierjäger in der Herrschaft Oplonitz bei Windischfeistritz angestellte Herr Steinecker mir geschrieben, dass er einen Hafnermeister als Käufer wisse. Ich hatte mich entschlossen, statt einer Antwort gleich selbst dahin zu reisen und womöglich den Kauf abzuschliessen.
Am 1. Mai 1848 fuhr ich per Bahn nach Pragerdorf, ging dann eine Stunde bis Windischfeistritz. Dort erfuhr ich aber, dass Steinecker nach Reifenstein, zwei Stunden seitwärts von Cilli überetzt worden sei. Mein Weg ging da nur durch einen Wald nach Pöltschach, und von dort zu Fuss seitwärts, unter strömendem Regen nach der Bahn zur Station St. Georgen.
Obwohl das Gasthaus, wo ich hier übernachtete, hübsch restauriert und mit sauberer Einrichtung und neuen Betten versehen war, gab es Flöhe und Wanzen, was ich nicht vermutet hätte. Andern Tags früh entfloh ich diesen Vampiren. Als ich dann mit Reinecker zum benachbarten Hafnermeister als sein sollender Käufer kam, war dieser vor einigen Tagen mit einer Fuhre Töpferwaren nach Kroatien gefahren und wurde erst in einem Monat zurückerwartet.
Von Wien kam einst die erwähnte Karoline Süssmeier, nun verwittwete Rechel, die mit meiner Schwester wegen Lieferung steirischer Kapauner in Geschäftsverbindung war, zu uns auf die Ries zu Besuch. Nach gemachter Bekanntschaft mit meiner holden Gattin wurde ich von Frau Rechel als sehr glücklich gepriesen, einen solchen (122) Juwel zu besitzen. Meine hochherzige Gattin hatte wirklich die Eigenschaft, dass sie jedem, der sie kannte, Achtung und Ehrfurcht vor ihr einflösste.
Von den nun vielen Gästen benahmen sich auch mehrere als Verehrer unserer zur Jungfrau gereiften, aber nicht sehr gross gewachsenen, talentvollen Tochter Marie. Da waren besonders drei Gürtler Gesellen und unzertrennliche Freunde verschiedener Nationalitäten, die sich ihre Gunst erworben hatten.
Als die unruhigen Zeiten vorüber waren und nun unser Gasthaus recht in Betrieb kam, wurden die Lokale zu klein und ich entwarf einen Plan, wegen Zubau eines Zimmers für wenigstens acht Tische. Die gerichtliche Baukommission wurde abgehalten und ich hatte wegen Baumaterialien schon Akkorde abgeschlossen. Aber meine liebe und immer mehr überlegende Gattin meinte, wir hätten uns nun glücklich aus dem Pech herausgeholfen, es wäre besser, die Realität zu verkaufen, als nur durch den Bau neuerdings in Schulden zu stecken.
Im März 1850, nach fünfjährigem Hoffen und Harren haben wir endlich unser Murecker Haus an den in demselben gewesenen Schneidermeister Franz Zürngast um 1950 Gulden Verkauft. Nach Verhältnis der eigenen Kosten dieser Realität 350 Gulden eingebüsst. Beim Aufpacken unserer Habe im Februar 1845 in Mureck blieben einige Truhen, die auf dem Wagen nicht mehr Platz hatten, am Heuboden zurück. In dieser Truhe war nebst anderen unbedeutenden Sachen auch die in freudiger Erinnerung an meine eheliche Verbindung als Reliquie wortgehaltene Stickrahme verwahrt. Als ich diese Truhe samt Inhalt an den Hauskäufer um 9 Gulden überliess, hatte ich in unbegreiflichem Leichtsinne die Stickrahme vergessen. Bei dem ermüdlichen Eifer hatte ich gar nicht mehr daran gedacht. Als mir diese Reliquie wieder ins Gedächtnis kam, war sie nicht mehr zu haben. Ich rechnete mir diese unverzeihliche Vergesslichkeit als grosse Sünde an.
Als wir auf unserem Acker eben mit Kukuruz-Häufeln beschäftigt waren, meinte meine liebe Frau, ob wir mit dieser Arbeit wohl vor dem Verkaufe der Landwirts-Realität fertig werden. Welcher Zufall! Da kam richtig der beim Schlögelwirt am Grazbach durch 18 Jahre als Kellner bedienstet gewesene Franz Hahn als Käufer. Wir verkauften an ihn das Ganze um 3100 Gulden CM (Convertierte Münze), dazu Weinvorräte und einige Fahrnisse um 131 Gulden. Die intabulierten Schulden hat der Käufer übernommen und nach erhaltener Darangabe per 500 Gulden wurde der Kaufschillingsrest intabuliert.
(123) Nun hatten wir in der mittleren Körblergasse zu Graz die Behausung des pensionierten Ingenieurs Horak samt eineinhalb Joch grossen Garten und einigen Einrichtungsstücken am letzten Juli 1850 um 2600 Gulden erkauft und bezogen. Der Ries, wo wir uns durch beinahe 6 Jahre erfolglos geplagt haben, sagten wir adé. Nach genauer Berechnung zeigte es sich, dass wir, nach Einbringung in den ersten zwei Jahren erlittenen Schadens, gerade mit heiler Haut davon kamen. Was an Werk- und Brennholz, dann Werkzeug, Kästen, Betten, leeren Fässern etc. von der Ries uns geblieben ist, liess die Resch, die Schwester, durch den Knecht in sieben einspännigen Fuhren herabführen.
Aber mit dem Krippenspiel wusste der neue Ladenwirt nichts anzufangen und ich und der bei uns oft sonntags Aushilfe-Kellner gewesene Schneiderssohn Grimmer hatte dasselbe auf zwei Stangen nachts bei Mondlicht mit viel Beschwerden herabgeschleppt. Im Hause aber war kein Platz dafür, so stellte ich die Geschichte unter das hofseitige Vordach.
Bei den Vorstellungen auf der Riess hatte ich bemerkt, dass der Vergolder Sagmeister nächst Maria Hilf in Graz mein Krippenspiel oftmals mit grösster Aufmerksamkeit betrachtet hatte. Als die feuchte Herbstwitterung an der Papp- und Leimarbeit und an der mechanischen Vorstellung Verderben androhte, trug ich dasselbe dem Sagmeister um 5 Gulden zum Kaufe an. Der Handel wurde abgeschlossen und Sagmeister stellte nach vorgenommener Reparatur und sonstigem Aufputz das Objekt in einem grossen Arbeitslokal auf. Er liess für Zuschauer einen schief erhöhten Stehplatz errichten und kündigte anfangs Advent für jeden Abend halbsieben Uhr die Vorstellung an.
Natürlich konnte diese ohne mich nicht stattfinden, da ich innerhalb der Anlage alles regieren und zugleich explizieren musste. Man kann sich denken, welche gute Einnahme erzielt wurde, da ich in den Monaten Dezember und Jänner für meine Bemühung 28 Gulden und für Schreiben der Explikation 2 Gulden erhielt. Ein mit einer Drehorgel herumziehender Invalide sah die Vorstellung, kaufte dieselbe um 25 Gulden und hatte die Absicht, einen kleinen Handwagen anzuschaffen und darauf das Krippenspiel von Dorf zu Dorf zu führen. Als ich ihm aber das innere Geheimnis zeigte, sagte er, dies erlerne er sein Lebtag nie und bat den Sagmeister unter Zurücklassung der 5 Gulden vom Verkauf abzustehen. Ein Mesner von Bruck kaufte den Kram um 25 Gulden.
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Samstag, 6. März 2010
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