Sonntag, 10. Januar 2010

17. Eine derbe Auseinandersetzung - Meine Rekrutierung


(41)    Ich war als Knabe beim Besuche der Pfarrschule der Mitschülerin Josefa Beinholz, Geschirrfabrikantenstochter, besonders zugetan. Die Zuneigung zu der nun üppig herangewachsenen Pepi entflammte, während ich bei der Binderei war, in die einfältigste platonische Liebe, obwohl ich wusste, dass meine Eltern der Pepi viel zu nieder waren. Doch verhoffte ich mit der Zeit eine günstige Wandlung. Die Handwerkszunftgebräuche kamen mir äusserst lächerlich vor und so mochte ich an den sonntägigen Saufereien der Gesellen nicht teilnehmen, und umgekehrt, mich nach meiner Sparsamkeit lieber mit Zeichnen, Malen, Dichten, Theater und Flötenspiel beschäftigen.

     Da einst an einem Sonntag «Der Bauer als Millionär» gegeben wurde, hatte Pepi Sehnsucht, dieses Stück zu sehen. Sie nahm noch zwei Freundinnen mit. Und ich, um mich sehen zu lassen, nahm natürlich Parterre-Billette, und nachträglich für Pepi noch einen Sperrsitz. Und da die Hitze im Theater Durst machte, wurde meine beschränkte Kasse in einem Gasthause nochmals in Anspruch genommen. Dieser Abend hatte mir die mit meinem Spargeiste unvereinbarlich enorme Summe von 7 Gulden gekostet.

     Des Meisters zweiter Sohn Franz, ein von seiner Mutter überaus verzogener, roher Bursche, war auch zur Binderei bestimmt. Einst hatte ich für den Kaufmann Blümel ein Fussbadgefäss in beiläufiger Form eines Stiefels zu verfertigen, wozu ich das feinste Holz und das schönste Werkzeug benötigte. Als ich das für den Boden des Stiefels vorbereitete Holz in Arbeit nehmen wollte, sah ich, wie dasselbe vom Wildfang Fanz eben zu einer odinären Arbeit verhackt wurde. Als ich ihn darüber zur Rede stellte, stach er mir mit meinem erst geschliffenen Schnitzer in die Weiche. Mein Schneiffleck, mein Schurzfell und der doppelt um die Mitte anliegende Schannelriemen darüber wurden durchstochen und schwächten den Stoss ab, sonst hätte ich vielleicht tot sein können. So hatte ich nur eine halb Zoll lange Wunde. Ich fühlte jedoch nicht sogleich, was mir geschah, warf aber höchst aufgebracht den unbändigen Kerl zu Boden und traktierte ihn aus Leibeskräften mit der Faust so lange bis die dieser Szene ruhig zusehenden Nebengesellen mir winkten aufzuhören. Als ich den Wüterich ausliess, warf er mir eine grosse Hacke an das Knie, dass es blutete, welche Tat ihm abermals meine Faustschläge zur Genüge eintrug.

     (42)  Nun erst fing der Schmerz in meiner Hüftwunde an, das Atmen wurde mir beschwerlich, meinen linken Fuss im Stiefel fühlte ich feucht und kleben. In der Aufregung spürte ich es nicht, dass aus den Wunden Blut floss, und ich machte mich zu Bette. Die Köchin kam, mich zu laben, die Seite zu waschen und zu verpflastern. Da besah ich die grässlich klaffende Wunde im Spiegel und wurde über die Grösse derselben fast ohnmächtig.

     Drei Wochen musste ich mich in meinem Elternhause ärztlich pflegen lassen. Der Meister, der für meine Lehrzeit 100 Gulden und sehr viele gute Bissen an Geflügel von meinen Eltern erhielt und mir noch 17 Gulden an Lohn schuldete, war so gewissenlos, meine Heilungskosten nicht zu ersetzen.

     Als ich noch Lehrjunge war, nahm mich der Vetter von Hartberg, so oft er nach Graz kam, in das von jeher berühmte Paradeis auf einige Schalen Kaffee, ermunterte mich, fleissig zu lernen und versprach mir, in Hartberg ein reales Bindergewerbe samt Haus zu kaufen, damit ich nicht Soldat werde dürfte.

     Nun kam die Zeit, als ich Geselle und 19 Jahre alt war, die Zeit der Rekrutierung. Ich eilte nach Hartberg, um den Vetter an sein so oft gegebenes Versprechen zu erinnern. Aber unglücklicherweise traf ich ihn nicht bei guter Laune und musste trotz allem Bitten unverrichteter Dinge zurück.

     Da ich schon frühzeitig Hang und Freude zum Militär hatte, ohne die Leiden derselben zu kennen und wusste, dass einst der Soldatenstand mein Brot sein würde, lernte ich von den bei meinen Eltern einquartierten Soldaten alle nur erdenklichen Handgriffe und Exerzitien, damit ich dann als Soldat nur gleich avanciere. Ich verstand die Trommel und hatte nicht die mindeste Abscheu vor dem Sodatenleben. Da aber meine Mutter vor Schmerz, mich beim Militär zu wisssen, vielleicht gleich gestorben wäre, so musste ich doch mithelfen, dies Los zu vereiteln.

     Der Militäroberarzt Leirer wurde für unsere Sache gewonnen. Ich wurde mit noch 35 Rekruten im Rathaus im Gang des 3. Stocks eingesperrt, von dort in die Agentkanzlei nächst dem Flossmeister geführt. Alsbald wurde ich mit einem Blähhals behaftet für untauglich entlassen.
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