Das Eisenhandlungshaus Gamilscheks Erben benötigte von meinem Lehrmeister Rucker sehr viele Fässer von weichem Holze zum Verpacken von Sensen, Sicheln und sonstigen kleinen Eisenwaren. Da ich dort ohnehin sehr gut bekannt war, so ersuchte ich den Handlungschef, Herrn Hochegger, auch von mir eine Ladung Fässer zu kaufen. Auf diese Zusicherung sagte er, ich soll mit einer Fuhre um 6 Uhr früh kommen, damit Herr Rucker, welcher täglich um 7 Uhr früh dort vorsprach, nichts davon wahrnehmen könne. Als ich anderstags schon um halb 6 Uhr früh dahin kam mit einer grossen Ladung Packfässer, kam zufällig auch Herr Rucker und wurde sehr zornig, wie ich so viele Fässer vom Wagen herabnahm. Er gebärdete sich wie wahnsinnig und schrie, er könne nicht Kapauner spendieren wie ich ... und trollte sich in grösster Aufregung fort.
Hochegger wollte wissen, was denn der Rucker mit den Kapaunern gemeint habe. So erzählte ich ihm, dass ihm meine Eltern während meiner Lehrzeit manches Geflügel gratis überlassen haben. Hochegger lachte und sagte: «Da hat ja nur der Rucker die Kapauner gegessen, nicht wir.»
Am nämlichen Tage musste Rucker mit dessen Schwager Kajetan Plachl, damaliger Eigentümer der grossen Realität Puntigam dahin fahren, um die in den dortigen Kellern befindlichen grossen Fässer in Reparatur zu nehmen. Der Zorn über mich war dem Rucker noch nicht vergangen, er meinte, ihn durch mehrere Fässer Wein zu dämpfen, zog sich aber eine heftige Lungenentzündung zu, und nach wenigen Tagen war er eine Leiche. Dessen Witwe gab mir die Schuld an seinem Tode. Hätter er aber auf den Zorn nicht so viel Wein genossen, sondern frisches Wasser, wäre es für ihn besser gewesen.
(63) Nach einiger Zeit kam der erwähnte Geselle Fledersbacher, welcher nach meinem Weggehen vom Schwarzen Tor in Wien meine Stelle als Kellermeister übernommen hatte, nach Graz und nahm auf einige Wochen bei mir Arbeit. Auf einmal wurde dieser, seit neun Jahren Rekrutierungsflüchtling, erhascht, und wurde zur Strafe statt auf 14 Jahre, auf 18 Jahre, und noch dazu zum Fuhrwesen assentiert. Seine hübsche und geläufige Handschrift und sein solides Wesen trugen dazu bei, dass er bald Korporal wurde.
Als er einst von einem Transport nach Innsbruck zurück kam, zeigte er mir eine silberne und eine goldene Sackuhr, die er sich auf dem Transporte verdient habe. Mir fiel es aber nicht ein, zu fragen, auf welche Weise ihm dies Ersparnis gelungen sei. Mir fiel es überhaupt nicht ein, einen Nebenverdienst zu ermitteln, wenn die Fassbinderei schlecht ginge, obwohl ich die 13 grossen Fässer á 50 Eimer für den Baron Mandell beim Meister Sorger auf der Lend gesehen habe, und ein Geselle von ihm, ein Pastor, guter Sänger und Guitarspieler, auf jedem Fasse einen Apostel und auf dem dreizehnten die Legende vom Heiligen Eustachius zierlich und kunstvoll schnitzelte.
Als die Tante Theresa in Wien meine Vermählung mit einer Armen erfuhr, konnte sie es nicht unterlassen, uns zu kränken. Sie übersandte als Brautgeschenk für meine Frau ein Paar Schuhe aus Stroh, mit dem Bemerken, diese wären gut genug für ein Bettelkind. Die Wiener Putzmacherin Fels spendierte eine sogenannte Krachtorte, da es im Ehestande gar viele harte Nüsse zum Aufbeissen gäbe. Als meine liebe, gutherzige Frau den Schmerz wegen der Strohschuhe überwunden hatte, schrieb sie der Tante einen zum Herzen dringenden Brief, worüber diese sehr viel weinte, und in einem darauf folgenden Schreiben innigst um Verzeihung bat. Beide Frauen wurden nachträglich die besten Freundinnen.
Etwas später fällt mir ein, dass ich in den Fensterbalken meiner Werkstätte kleine, unbemerkte Löcher bohrte, durch welche ich und der erwähnte Zeidlmaier in der Zeit, als wir uns mit den zwei liebenswürdigen Schwestern Anna und Maria Knölly freundnachbarlich unterhielten, so gerne diese Herzensköniginnen betrachteten, wenn beide emsig am Fenster bei der Arbeit sassen.
(64) So viel ich mir Mühe gab, grosse Kundschaften zu erwerben und eine namhafte Tätigkeit zu entfalten, somit mehr Einkommmen zu erzielen, wollte es mir doch nicht gelingen. Die kleinen Beschäftigungen reichten zur Bestreitung aller Ausgaben nicht hin; wir mussten uns grossartig einschränken und traurig zusehen, wenn sich sonntags alles unterhielt und wir kaum einen Groschen bar in der Tasche hatten. Zum Glück war meine liebe Gattin sehr anspruchslos und genügsam, befasste sich mit Sticken und Kleidermachen und ertrug das harte Geschick mit Geduld und Ergebung.
Als Kaiser Ferdinand als König von Ungarn in Pressburg gekrönt werden sollte, mietete eine vornehme Grazer Dame dort zwei Fenster, um den Krönungzug zu sehen und bestellte bei meiner Holden zwei Fensterpolster mit leichter Stickerei. Um diese rechtzeitig fertig zu bringen, half ich mit am Stickrahmen, meiner Frau gegenüber, emsig mit.
Die benachbarte Schlossermeistersgattin Lerch war ebenso fleissig am Spinnrade, und beide Frauen hatten gemeinschaftlich die Leinwand auf der Wiese am Mühlbache nächst der Rösslmühle abwechselnd gebleicht.
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