Ein gutes Zeichen war es auch, dass unsere Hände mit der von Anna gestickten Stola auf ewig verbunden wurden. Nun war die überseelige Braut mein, und sie wurde mein Schutzgeist, mein Alles. Ich hatte mich nie mit der Lotterie abgegeben, habe aber doch den grössten Terno gemacht. Beim Anfange des Balles tanzten wir viel, als aber der Saal zu voll wurde, konnten wir von der Tafel aus nur Zuschauer abgeben.
Pepi Beinholz und Anna Pilz waren auch bei der Kopulation in der Kirche, und erstere sagte nur zur zweiten: «Wenn es mir beschaffen ist, bekomme ich ihn noch!» Sie war vielleicht der Meinung, ich würde noch am Altare zurücktreten. Doch die Neuvermählten hatten sich am Altare ewige Treue, unverbrüchliche Liebe geschworen. Weil Mathias Pilz einer unserer Brautführer war, kam dessen Schwester, Anna Pilz, aus Neugierde zu diesem Feste und tanzte unbändig.
Meine Anna hatte das Eigene, dass ihr liebes Gesicht stets mit einem Glorienschein umgeben war und dass es bei Kerzenlichte immer herrlicher strahlte. (61) Wenn ich allein durch einen Saal schritt, hörte ich mehrseitig vom Publikum die mich entzückenden Worte: «Oh, die schöne Braut!»
Um 2 Uhr nachts kehrten wir nach Hause. Als ich nach einigen Tagen des Wirtes Forderung von 30 Gulden berichtigen wollte, wurde dieselbe nach vielen Hin- und Herreden mit 25 Gulden conv. Münze beglichen. Um nun zu unseren Nahrungsorgen etwas beizusteuern, ging meine Frau zum Kaplan Kukenschinig und ersuchte ihn, den Conto mit 14 Gulden, 24 Kreuzer für die ihm gelieferten Arbeiten zu begleichen. Er aber stemmte seine Hände in die Seite und sagte: «Wie können Sie sich unterstehen, von einem Geistlichen etwas zu verlangen?» Und da er sich zu keiner Bezahlung herbeiliess, kam unsere Vermählung sehr teuer, indem auch beim Pfarrer in St. Andrä die Kopuliertaxe erlegt werden musste. Bisher hatten mir meine Eltern die Kost gratis ins Haus geschickt; nun hatte ich selbst darum zu sorgen. War für mich, dann für den Gesellen genug Arbeit vorhanden, so ersah ich das nötige Auskommen. Genügende Arbeit war jedoch nicht immer vorhanden.Mir fehlte die Rednergabe; wenn ich mir grössere Kunden erwerben wollte, sagte jeder, er habe ehedem seinen Binder und sei mit ihm zufrieden.
Als ich mit meiner Ehegattin und mit meiner Mutter einst im Gastgarten des Apostelsaales war, befand sich dort auch die Ehefrau eines Obermühl-Jungen, Wiesler. Diese bemerkte unsere gegenseitige innige Zuneigung und sprach zu meiner Mutter: «Das liebe Ehepaar schaut so stillvergnügt und selig drein, und ahnen nicht, welche Leiden und Widerwärtigkeiten oft im Ehestande vorkommen». Meine Mutter tröstete mich, dass meine Frau nicht viele Kinder bekommen werde, da sie dazu schon zu alt sei.
Ich lernte nun erst den echten Wert einer anspruchlosen, genügsamen, häuslich gestimmten Frau kennen. Wir erhielten als Bettgeher in volle Verpflegung einen Sohn des Schuhmachermeisters Brandstätter von Voitsberg und den unehelichen Sohn einer Müllersmagd Finster bei St. Florian, dann die Bauernsöhne Super und Klement aus Gussendorf. Alle vier waren hier im Gymnasium.
(62) Meine Frau war nun kerngesund, nahm an Körperfülle zu, hatte eine volle, junoische Gestalt, von der ich entzückt war. Früh vier Uhr war sie schon beim Spinnrade emsig beschäftigt, brachte so viel Leinwand als wir selbst benötigten zusammen, von einem Pfund Flachs vier Ellen á vier Gulden Wiener Währung, die Ellen zu 40 Gulden conv. Münze. Anton Finster wurde Bezirksgericht-Adjunkt und der Josef Brandstätter Techniker.
.
Freitag, 22. Januar 2010
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Ich hab mich amüsiert wie ich gelesen habe, dass der Pfarrer nicht für die gestickte Handarbeit zahlen wollte. Das erinnerte mich an einen Griechischen Pfarrer, der von mir ein schönes Fenster bestellte und dann verlangte, daß ich doch viel weniger verlangen soll - ist er doch ein Pfarrer, ein geistlicher Mann. Wenn ich und Anna ein bissl gscheiter gewesen wären, dann hätten wir ihm Luke 10:7 ins Gesicht geschmissen...... denn ein Arbeiter ist seines Lohnes wert.
AntwortenLöschen