Mittwoch, 3. Februar 2010

31. Der heisse Sommer 1834

     Im Jänner 1834 wurden in den Weingärten alle Arbeiten unternommen. Die ganze Winterzeit verging ohne Kälte, ohne Schnee, ohne Regen. Allgemein wurde gejammert, dass ohne Winterfeuchtigkeit das Getreide nicht gedeihen könne. Doch gegen alle Hoffnungen waren Korn und Weizen vortrefflich geraten. Wir hatten zum Anbauen von Kartoffeln nur
den allernassesten Acker disponibel. Die grosse Hitze aber kam demselben zu Gute und wir bekamen ausserordentlich viele und lauter faustgrosse Erdäpfel, während auf sandigem Boden alle verdorrten. Bei aller unserer Schweinemästung konnten wir im nächsten Frühjahr 1835 gar viele Grundbesitzer mit Samen-Erdäpfeln aushelfen.

     Die Hitze im Sommer 1834 war so gross, dass manche Wiesen durch die Glut in den Wurzeln ganz ausbrannten. Früher kostete der Zentner Heu in dieser Gegend 1 Gulden und jetzt auf einmal 5 Gulden, daher das Husarenregiment von hier nach Oberstier dislociert wurde, wo noch vieles und billiges Pferdefutter vorhanden war. Infolge des teuren Futters hier wurden am Markte zu Radkersburg an ungarische Händler die gewöhnlichen Pferde per Stück um 5 Gulden verkauft.

     (79)  Dafür wurde der Wein auserlesen gut, fast dem von 1811 gleich. An den Hecken hingen lauter Zibeben. In den schlechtesten, sonst sauren Wein, die Mass 12 Kreuzer erzeugenden Weingärten geriet derselbe so gut, wie der Radkersburger zu 32 Kreuzer die Mass. Im nächsten Jahr war er wieder sauer zu 12 Kreuzer.

     Wegen Futterteuerung wurden Kühe massenhaft geschlachtet und in den Dörfern um Mureck zu 6 und 8 Kreuzer per Pfund verkauft. Wir hatten in unserem Gasthaus sehr viel Fleisch von jungen Kühen verbraucht und 4 Zentner auch geselcht und aufbewahrt, welches über den Winter und im nächsten Frühjahr gut zu verwenden war, da das Pfund Rindfleisch wieder 17 Kreuzer kostete.

     In den Gebirgen und Tälern waren alle Bäche und Teiche ausgetrocknet, jede Mühle stand leer, nur solche an der Mur gingen noch, was sonst für einen Sack Getreide nur 5 Kreuzer gezahlt wurden als Mahlgeld, wurden jetzt 2 Kreuzer begehrt. Zur Zeit der Weinlese wird zur Reinigung der Fässer und der Presse sehr viel Wasser nötig. Wie viele Weingartenbesitzer mussten dasselbe vier bis fünf Stunden weit von der Mur oder Drau holen. Da kam der Startin Wasser 10 bis 12 Gulden, da zu jedem Wagen 3 bis 4 Ochsen nötig waren.

     Gewöhnlich kostete ein Startinfass 3 Gulden, zur Lesezeit 8 bis 9 Gulden, da infolge des ungeheuren Weinreichtums fast überall Mangel an Geschirr eintrat. Wer dem Weingartenbesitzer zwei Fässer brachte, konnte ein drittes mit fünf Eimern Wein dafür anfüllen und wegfahren.

     Bäcker Kröll in Mureck hatte zum Betriebe seiner Branntweinbrennerei im Hofe unter einer grossen Wagenhütte einen Bottich von 80 Startin Zwetschgen in der Erde eingegraben. Dieser Bottich stand 2 Schuh aus der Erde. Der Deckel dazu war mit Ketten und Rädern zum Aufziehen und Niederlassen. Da der Bottich leer war, wurde derselbe mit dem an der Presse um 8 Gulden per Eimer gekauften Wein angefüllt und letzterer der Gährung überlassen.

Im Februar 1835 überzog Kröll den Wein aus dem Bottich in die seither wieder billiger gewordenen Fässer und verkaufte den Startin zu 10 Eimer per 20 bis 30 Gulden. Der 1834er war so geistvoll, dass ich zu 4 Halbstartin Wein einen Halbstartin Wasser mischte und kein Gast bemerkte eine Abnahme des Weingehaltes.

Der Chirurg Barth in Mureck hatte in seinem Kontobuche gegen 3000 Gulden eingetragen, über welche er wegen Uneinbringlichkeit schon lange das Kreuz machen wollte. Da er aber bemerkte, dass die ihm schuldenden Besitzer jetzt gerne mit Wein bezahlten, holte er diesen mit selbst beigestellten Fässern ab und kam somit auf  (80)  eine schönste Art zu seinen für verloren geglaubten Guthabungen. Im Frühjahr 1835 erhielt er per Startin 30 bis 40 Gulden und konnte somit für einen seiner Söhne die Chirurgen-Realität in Hartberg kaufen.

     Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass es mir an Energie und Mut fehlte, mit Weinspekulationen wie so viele andere ein Geschäft zu machen und Vermögen zu erwerben. Das Schicksal hatte mich zu harter Arbeit verdammt. Ich hatte dem Bindermeister Götze, welcher zu uns ein sehr guter Nachbar war, in dringenden Fällen als Binder geholfen.
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1 Kommentar:

  1. Da sind im Text verstreut diese Zahlen in Klammern, z.B. (79). Die sind für Euch absolut nicht wichtig, aber für mich. Das sind die Seitenzahlen im schreibmaschinengeschriebenen Text. Die helfen mir, mich in dem Gesamtwerk zurechtzufinden. Ihr braucht sie also nicht mal zu ignorieren. Eberhard (der Abschreiber)

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