Samstag, 27. Februar 2010

45. Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern

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(19)     Ich und meine in jeder Hinsicht sehr brave, resolute Frau hielten uns nach allen von Dr. Hufeland aufgestellten Regeln, und zwar besonders Mässigkeit im Speisen, beim Essen wenig sprechen und nichts trinken; erst in einer Stunde, wenn der Magen in Tätigkeit, ihn mit einem Glas frischen Wassers zu Hife kommen. Alle Gewürze und geistigen Getränke, dann Zornesaufwallungen vermeiden. Mässigkeit in allen Vergnügungen, besonders in der Liebe. Sehr viel kaltes Wasser trinken, kalt baden und waschen, erst zwei Stunden nach dem Nachtmahle zu Bett gehen, viele Bewegungen im Freien machen, immer auf leichten Stuhlgang Bedacht nehmen und sich hauptsächlich vor Verkühlung hüten. Bei allen, denen ich diese Regeln beibrachte, haben sie sich wie bei uns selbst bewährt.

     Bei meinen Bereisungen hatte ich die beste Gelegenheit, die lang ersehnten Gebirgspartien in den windischen Büheln, in den Bezirken Brunnsee, Weinburg, Obermureck, Gutenhag, Wurmberg, Negau, Jahringdorf, Poppendorf, Radkersburg, Neuweinsberg, Halbenrain, Friedau, Peggau, Frohnleiten, Neuschloss, Grossöding, Voilsberg, Lankowitz, über die Stubalpe nach Weisskirchen und Knittelfeld zu unternehmen.


     Als Zürngast in Pettau als Mitpächter beitrat, wurden auch die Bezirke Stadt Pettau, Oberpettau, Minorittengut Pettau in der Kollos, dann Turnisch gepachtet. Hierüber wurde in Pettau eine eigene Kanzlei mit einem Beamten gehalten. Bei dem wieder stattgefundenen Manöver hatte ich Tag und Nacht die grösste Umschau in Amtsgeschäften zu pflegen und bekam hierfür extra 5 Gulden. Bei Übernahme des Bezirkes Friedau kam ich auch auf das sogenannte Jerusalemer Weingebirge im Bezirk Luttenberg, wo der ehemalige Grazer Bindermeister Übelaus, eben in der Weinlese war, und mitten in seinen grossen Weingärten auf dem höchsten Punkte ein stockhohes Herrenhaus besass.

     Als ich und meine Begleiter eben die schöne Gegend betrachten wollten, rief der Herr Übelaus uns zu sich hinauf. Oben führte er uns auf dem Gange um das Haus, von wo die Städte Radkersburg, Pettau, Friedau (heute: Ormoz), dann Lendva in Ungarn mit freiem Auge zu sehen waren. Wir konnten uns von der unvergleichlichen Aussicht gar nicht trennen. Wir erhielten jeder eine Halbe Wein und Brot, und als die Glocken zum Essen läuteten, strömten von allen Seiten die mit der Lese beschäftigten zahlreichen Arbeiter zum Mittagsmahle herbei. Wir dankten dem wackeren Wirte für dessen Humanität und zogen useres Weges.

     (110)  Als ich zum Verzehrsteuer-Geschäfte kam, wollte jeder, der mein Sparsystem kannte, profezeihen, dass ich dabei reich werden könne. Dies wäre aber nur durch Hintergehen gegen meine Pächter und durch Gefälsch-Übertretungen erzielte Strafgelder möglich gewesen. Allein bei der mir angeborenen Gewissenhaftigkeit und Gutherzigkeit war ich nicht imstande, den wohlwollenden Pächter zu betrügen oder die Wirte und Fleischer, denen die Verzehrsteuer ohnehin sehr schwer fiel, bei vorgefallenen Unrichtigkeiten zur Strafe zu bringen, obwohl ich laut Gesetz hierzu berechtigt war. Nur bei drei besonders Renitenten hatte ich den Tatbestand aufgenommen und der Behörde zur Amtshandlung vorgelegt. Allein bis die Verhandlung geschlossen und ein Geld-Straf-Erkenntnis erfolgte, war ich vom Geschäfte schon ausgetreten. Anstatt dabei etwas zu erübrigen, wurde noch das jährliche Zinserträgnis unsers Hauses in Mureck zugesetzt.

     Gar manche, die von diesem Egentum wussten, hatten mich gefragt, ob ich auch schon abgewirtschaftet hätte, da beim Verzehrsteuer-Geschäft nur lauter auf den Hund Gekommene eintreten. Wirklich waren unter den 23 unter meinen Befehlen stehenden 2 gewesene Fleischhauermeister Hauser und Winter, Bäckermeister Tschech, Schuhmachermeister Leopold, Lederermeister und Kaffeesieder Greiner.

Herr Zürngast unterstützte auch den von Dreifaltigkeit gebürtigen, elternlosen Studenten Alois Putschko, einen jungen, liebenswürdigen Burschen, der die Ferien immer hier zubrachte und überaus gerne mit meiner Frau, die er höchst geistreich fand, konferierte. Wenn ich zu Hause war, benützte ich jeden Augenblick zum Flötenspiel, wozu mich Putschko mit besonderer Vorliebe mit der Guitarre begleitete. Auch meinte er schon viele Menschenkenntnis zu besitzen, aber bei mir kennen sie sich nicht aus! Mir war es selbst unbegreiflich, wie in mir zwei Naturen steckten: Meist guter Laune und so leicht zum Weinen. Die unerklärliche Mutter Natur hatte mich zum Sonderling gestempelt und grosse Tränensäcke verliehen.
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