Sonntag, 21. Februar 2010

42. Der sture Leschanz und die Amtsquerelen

     Nun kam wieder ein neuer Lebensabschnitt in unsere Verhältnisse. Wir hatten nämlich Mai 1839 das vulgo Lebensbauer'sche Haus samt Hafner Gerechtsame und zweieinhalb Joch Grundstücke um 840 Gulden verkauft. Da das Gebäude sehr niedrig stand und der Überschwemmung ausgesetzt war, beschlossen wir, dasselbe um dreieinhalb Schuh zu erhöhen. Indem uns der Überschlag des Maurermeisters Priesching für die ganze Reparatur 800 Gulden zu hoch vorkam, übernahm ich alles in eigener Regie.

     Der in Ansberg sesshafte und als sehr geschickt bekannte Maurerpolier Sax hatte die Dachstuhlerhöhung und alle Maurerarbeiten im Accord übernommen. Unter dem südlichen Teil des Hauses wurde ein gewölbter Keller hergestellt, der Brennofen neu hergerichtet und die Gerechtsame in Pacht gegeben. Alle Dippelböden mussten neu gemacht werden. Die neuen Fenster- und Türstöcke, sowie Stufen und die Stiege hatte ich selbst verfertigt. Nachdem sämtliche Fussböden in 5 Wohnung neu gemacht werden mussten, war ich um 3 Uhr früh schon am Wege zu den benachbarten Mühlen um die nötigen Bretter.

Mittlerweile wurde die Tochter des Stallmeisters Nedwed, ein sanftes und braves Mädchen von (103) 17 Jahren bedenklich krank. Da hatte ich in Vorahnung ihrer baldigen Auflösung bei meinen Gängen zu den Mühlen ein auf die bedauernswerte Rosa Nedwed bezügliches Grabgedicht verfasst, wofür ich schliesslich allseitige Anerkennung erntete. In dieser Dichtung konnte ich den Schmerz der Eltern leicht zum Ausdruck bringen, da die Trauer um mein eigenes Kind Rosine noch zu frisch in meinem Gedächtinis war. Frau Nedwed sagte mir: «Ich bin Ihnen wohl grossen Dank schuldig und ich weiss, dass Sie keine Barzahlung annehmen; aber so oft Sie in unser Haus kommen, sollen Sie eine Schale Kaffee haben».

     Ungeachtet aller Mühe und Arbeit bei der Hausreparatur hatte uns dieselbe 1400 Gulden gekostet. Zur Bestreitung der Auslagen wurde uns das Geld vom Kaufmann Kolletnigg und Riemenmeister Robatin, die von unserer Rechtschaffenheit überzeugt waren, bereitwilligst vorgestreckt. Sodann wurden diese Herren von dem aufgenommenen Sparkassendarlehen befriedigt.

     Nun kam wieder ein neues Verhängnis über uns! Da mein Amtsvorstand Syndikus Leschanz sich durch sein starres und schroffes Wesen fast die ganze Bürgerschaft zum Feinde machte, hatte dieselbe dessen Entfernung beschlossen und unter mancherlei Intrigen durgesetzt. Der vom Markte St. Florian vertriebene Syndikus Tauscher konnte hiezu die besten Ratschläge erteilen.

     Ausser dem Bürgermeister waren Ausschussmänner für die politschen oder ökonomischen Entscheidungen zuständig. Dann wurde zur Überwachung und Verrechnung der märktischen Einkünfte und Ausgaben ein Bürger unter dem Titel Kämmerer bestimmt. Bei der Wahl des neuen Bürgermeisters nahm der ärgste Feind des Syndikus Leschanz diese Wahl ausdrücklich mit der Äusserung an, «um dem schwarzen Leschanz seine sehr dunkle Gesichtsfarbe wegzubringen». Die erste Verfügung des neuen Bürgermeisters, Tischler Woitech, war die Einhebung des reichen und höchst gewisssenhaften Lederermeisters Florian Schütz von der Stelle eines Kämmerers. Als solcher hatte dieser immer einen Überschuss zu Gunsten der Gemeindekasse geschaffen. Dem Woitech lag daran, bei den hohen Behörden nachzuweisen, dass die märktischen Ausgaben zu hoch seien und von den wenigen Einkünften des Kanzleipersonals nicht besoldet werden können. Der neu ernannte Kämmerer aber führte die Gemeinderechnungen gewissenhaft.

     Von Seiten des Kreisamtes wurden auf Kosten der Bürgerschaft Kommissionen abgehalten, und da sich gegen den Syndikus keine Amtsgebrechen vorfanden und die schon bald 6 Jahre dauernde Agitation nicht aufhörte, so wurde vom Gubernium einverständlich  (104)  mit dem Kreisamte – um endlich Ruhe zu haben –, wie es in der Entscheidung hiess, im September 1839 die Gerichtsbarkeit des Magistrates Mureck gegen eine Jahrespauschale von 200 Gulden an die Herrschaft Obmureck übertragen. Auf solche Art wurde ich dienstlos. Ich hatte zwar jeden Monat bedeutende Nebeneinkünfte, da war aber im darauf kommenden Oktober gar kein Kreuzer mehr zu erhaschen.

     Leschanz erkaufte sich im Orte Sandscha zwischen Strass und Leibnitz einen Bauerngrund mit 40 Joch Äcker und Wiesen ohne Wald. Da er aber samt seiner Frau von einer Geldwirtschaft nichts verstanden hatte, kam alles in Krebsgang. Der Sohn Franz war nach vielen Jahren Bezirksrichter in Hartberg.
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